Kampfkunst mit Handicap
Assistent Robert

Robert / Trainer für Menschen mit HandicapWU-SAO Assistenten- Arbeit  

von Robert Wrieden
WU-SAO – Assistent für Menschen mit und ohne Handicap

Bremen, im Dezember 2015

 


Selbstverteidigung für Menschen mit und ohne Handicap

Viele Menschen sehen sich, sei es im privaten oder öffentlichen Umfeld, zunehmend mit Gewalt konfrontiert. Besonders ältere und körperlich benachteiligte Personen werden immer öfter zum Ziel von Überfällen auf offener Straße, da  der Täter hier wenig Gegenwehr erwartet. Da diese Personen bei Dunkelheit aber auch tagsüber vermehrt mit tätlichen Übergriffen rechnen, gehen viele Menschen nur mit gemischten Gefühlen nach draußen.

Ich bin seit mehreren Jahren bei Wu-Sao. Um das Selbstbewusstsein von Menschen mit Beeinträchtigungen zu stärken und um ihnen zu zeigen, wie man sich in Notsituationen verhalten kann, habe ich mir zur Aufgabe gemacht, meine Erfahrungen in punkto Selbstverteidigung – auf der Basis von Wing Tzun – weiterzugeben.

Wing Tzun ist auf reine Selbstverteidigung mit speziellen Techniken ausgelegt und ermöglicht damit eine effektive Gegenwehr ohne großen Kraftaufwand.

Es wird immer mit einem Trainingspartner trainiert. Damit lässt sich eine Verteidigung optimieren und kann dem Angriff genau angepasst werden. Dieses ermöglicht auch Personen, die körperlich nicht in der Lage sind sich mit Kraft gegen einen Angreifer zur Wehr zu setzen, eine realistische Chance den Gegner in die Flucht zu schlagen oder so lange abzuwehren, bis Hilfe eintrifft.

Zu Beginn einer Unterrichtsstunde werden von allen Mitgliedern gemeinsam die Grundformen, die für die Selbstverteidigung benötigt werden, einstudiert. Diese Übung wiederholt sich an allen Trainingstagen und dient dazu, die Grundbegriffe innerlich zu verfestigen. Anschließend werden individuell für jeden Einzelnen die entsprechenden Übungen festgelegt.
In angenehmer, harmonischer Atmosphäre trainieren Menschen mit und ohne Handicap zusammen und lernen dadurch einander besser kennen. Es ist aber durchaus wichtig, separat individuelle Techniken herauszuarbeiten. Des weiteren werden reale Situationen nachgespielt, um den Betroffenen zu zeigen, wie man sich auch in bestimmten Situationen Hilfe holen kann. Um sich  das Erlernte besser einprägen zu können, werden diese Übungen in regelmäßigen Abständen wiederholt.

Durch das Erlernen  der Selbstverteidigungstechnik gelingt es den Übenden aus dem Vorurteil  der typischen Opferrolle herauszukommen. Selbstverteidigung kann jeder lernen. Es spielt daher auch keine Rolle, ob ein Mensch körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigt ist.

Viele Selbstverteidigungs-Kampfsportvereine haben Vorurteile gegenüber Behinderten. Sie glauben, dass Menschen mit Handicap dem Ansehen des Vereins schaden können und dadurch keine neuen Mitglieder mehr in den Verein eintreten würden. Menschen mit Behinderungen sind doch keine Menschen zweiter Klasse !!! Sie können genauso eine Kampfsportart erlernen und sollten genauso die Chance bekommen wie Menschen ohne Handicap. Für uns bei Wu-Sao sehen wir die Teilnahme als Bereicherung. Jeder der Selbstverteidigung lernen möchte sollte es auch dürfen. Ich finde es schade, dass es immer noch solche Diskriminierungen gegenüber Behinderten gibt.

Wing Tzun ist eine Selbstverteidigung, bei der es nicht auf Kraft, sondern auf die Ausübung bestimmter Techniken ankommt. Daher ist diese Selbstverteidigungsart auch besonders gut für Menschen mit Handicap geeignet.

Jeder Schüler wird entsprechend seiner persönlichen Fähigkeiten gefördert. Des weiteren kann er lernen mit welcher Übung er besonders gut zurechtkommt. Wir arbeiten seine persönlichen Techniken heraus, die er im Ernstfall einsetzen kann. Es werden unter anderem Tritte, Schläge, Wurf- und Hebeltechniken sowie Verhaltensweisen am Boden eingeübt.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich gerade bei  Menschen mit motorischen Schwierigkeiten, die Motorik durch das Üben der verschiedenen Techniken, deutlich verbessert hat. Diese Entwicklung ist sehr erfreulich.

Die Schüler sind alle selbstbewusster geworden, da sie genau wissen, wie sie sich im Ernstfall verhalten und verteidigen können. Das Körperbewusstsein hat sehr zugenommen und die Ausdauer auch. Sehr schön ist es auch zu sehen, wie sie mit Freude und Ausdauer dabei sind und ihre Techniken umsetzen können.

Das Training vermittelt:

Speziell auf die jeweilige Person abgestimmte Techniken der Selbstverteidigung.
Wing Tzun Kung Fu kombiniert mit Escrima Stockkampf

Deeskalation/Konfliktvermeidung
Selbstsicherheit
Körperbewusstsein
… und vieles mehr !

Unterrichtet wird individuell mit Elementen der klassischen asiatischen Kampfkünste Wing Tzu, Kung Fu, Escrima Stockkampf und zeitgemäßer Selbstverteidigung.

Trainiert wird in einer gemischten Gruppe, in der Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und Nichtbehinderte gemeinsam Selbstverteidigung erlernen. Dieses erlaubt sehr realitätsnahe Übungen.

Selbstverteidigung ist in jedem Alter erlernbar. Körperliche Handicaps werden durch gezielte Auswahl der Verteidigungstechniken ausgeglichen.

Es ist sehr schön zu sehen, dass die Menschen mit Beeinträchtigungen gerne zum Training kommen. Wir lachen sehr viel zusammen und alle Mitglieder werden gleichwertig behandelt. Regelmäßige gemeinsame Unternehmungen wie das im Januar  stattfindende Neujahrsbowling, Kanufahrten sowie Kinoabende stärken den Zusammenhalt der Gruppe.

Ich bin sehr stolz mit diesen ganz besonderen Menschen zu trainieren.

 

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