Der Weg zum Trainer 1
Trainer Rafael

Wing Tzun Trainer RafaelTrainer 1
Schriftliche Arbeit
WU-Sao Kampfschule Bremen
Oyten,02.03.2014
von Rafael Nowak

Der Weg zum Trainer 1

Vorwort

Nach der bestandenen Assistentenprüfung (07.10.2012) war die Trainer 1 Prüfung noch so weit weg. Es ging doch schneller als ich dachte. Durch die Hilfe von Sifu Andreas Hagedorn  und dem Wu-Sao Team und natürlich durch die gesammelten Erfahrungen mit den anderen Wing Tzun Schülern, ist es mir gelungen die Prüfungsprogramme im rasenden Tempo zu erlernen und zu bestehen. Es ist zwar teilweise nicht einfach, mir die Zeit zum trainieren zu nehmen. Man muss schon eine verständnisvolle Ehefrau und Tochter haben, die mich drei bis manchmal sogar viermal die Woche abends zum Training gehen lassen und mich in vielen privaten Angelegenheiten entlasten. Es ist aber wie eine positive Sucht immer mehr zu erreichen und das erlernte Wissen  an die anderen Wu-Sao Wing Tzun Schüler weiter zu geben.
In meiner schriftlichen Assistentenarbeit habe ich erwähnt, dass es mein Ziel ist, den 12. SG. zu erreichen. Jetzt sehe ich meine Ziele in der Wu-Sao Kampfkunstschule doch anders. Der 12. SG. ist es nicht mehr. Ich möchte derzeit doch noch mehr bei „Wu-Sao” erreichen. Durch die freundschaftliche, fast schon familiäre Beziehung zum Sifu Andreas Hagedorn und dem Wu-Sao Team, bin ich noch mehr motiviert das Wu-Sao Wing Tzun weiter zu erlernen um mein Können zu steigern.

Die Voraussetzung zum Wu-Sao Trainer 1

Was macht ein Wing Tzun Schüler zum Wu-Sao Trainer 1? Die Frage ist nun mehr, welche Voraussetzungen muss ein Wing Tzun Schüler mitbringen um ein Wu-Sao Trainer 1 zu werden. Es geht damit los, dass man durch Fleiß, Einsatz und Anerkennung ein Wu-Sao Teammitglied wird. Dieses Privileg wird nicht jedem Schüler erteilt. Das positive Auftreten gegenüber den anderen Wing Tzun Schülern und der Einsatz den man leistet, stehen im Vordergrund um in das Wu-Sao Team aufgenommen zu werden.
Die nächste Hürde ist, nach dem Bestehen der Grundstufe (Basisprogramm 1. SG. bis 4. SG.), die Assistentenprüfung zu meistern. Im Anschluss heißt es auch Zusatzaufgaben, die auf freiwilliger Basis bestehen, zu übernehmen, wie zum Beispiel den Sifu beim Training zu unterstützen und ihn auch mal in Sondersituationen zu vertreten.
Nach der bestandenen Assistentenprüfung folgte die zweite große Hürde. Das Bestehen der Mittelstufe (Kernprogramm 5. SG. bis 8. SG).  Der Schritt von der Basisstufe zur Kernstufe ist doch schon sehr anspruchsvoll. Die Schwierigkeit besteht hauptsächlich darin, dass Poon-Sao (Grundübung für Chi-Sao) und natürlich das Chi-Sao (klebende Arme) zu erlernen. Die Winkel und den Druck so zu halten, dass es den Trainingspartner kein durchkommen ermöglicht. Im Gegensatz zu Dan-Chi (einarmiges Chi-Sao), das man durchaus auch ohne Trainingspartner üben kann, ist das Chi-Sao ohne einen Trainingspartner nicht möglich zu erlernen, da es hierbei auf den Tastsinn und das Reagieren auf Impulse vom und gegen den Trainingspartner ankommt. Am besten trainiert man mit einem erfahrenen Trainingspartner, der den Druck und die Winkel sofort korrigieren kann. Darauf basierend werden die prüfungsrelevanten Techniken trainiert. Erst nach dem Bestehen des 8. SG. kann eine zusätzliche Prüfung zum Wu-Sao Trainer 1 gemacht werden.
Nicht nur der 8. SG. ist für die Wu-Sao Trainer 1 Gradierung wichtig. Die Mischung aus Freundlichkeit, Kompetenz und Hilfsbereitschaft ist in meinen Augen ein Muss. Durch mein motivierendes und positiv eingestelltes Auftreten gegenüber den anderen Wing Tzun Schülern und durch mein erlangtes Wissen über das Wu-Sao Wing Tzun, habe ich mir auch ein gewissen Grad an Anerkennung (Respekt) unter den Wing Tzun Mitschülern erarbeiten können.
Respekt besteht aber nicht aus Überlegenheit und übermäßige Härte gegen ein rangniedrigen Wing Tzun Schüler. Ein zu harter Einsatz gegen ein unterlegenden Wing Tzun Schüler führt zur Einschüchterung. Dadurch entsteht kein Respekt. Im Gegenteil, solche Einstellung verunsichert einen Wing Tzun Schüler und schürt Angst und demotiviert ihn nur. Im Training muss ein Wing Tzun Schüler auch mal Erfolgserlebnisse haben um sein erlerntes Können zu zeigen und man sollte unbedingt darauf achten, dass man ihr/ihm eine Gelegenheit dazu gibt, (also mal ein Gang zurück schalten), um ihren/seinen Ehrgeiz zum weiteren trainieren anzuregen. Jeder ist nun mal anders, der eine mehr und der andere weniger belastbar. Das sollte eigentlich jeder Ausbilder, Trainer, Sifu usw. wissen und natürlich auch befolgen, um ein gutes Ergebnis bei seinen Schülern zu erzielen. Diese Eigenschaften erfüllt mein Sifu zu 100 %. Aus diesem Grund ist es für mich ein Vergnügen zum Wu-Sao Wing Tzun Training zu gehen und dort ein sauberes, effektives Wing Tzun zu erlernen. Ich möchte alles mir gezeigte und antrainierte Wissen im Sinne meines Sifus an alle Wing Tzun Schüler in einer respektvollen Art und Weise weitergeben.
Das beinhaltet natürlich auch, dass man im Training immer 100 % Einsatz zeigt und auch keine Angst vor eventuellen leichten Blessuren entwickelt. Eine gewisse und angepasste Trainingshärte ist aber nun Notwendig. Es ist ja Wing Tzun Kung Fu und nicht Synchronschwimmen. Nur ein realer Angriffsdruck ermöglicht eine saubere Abwehr. Ist der Angriff zu schwach oder nicht eindeutig genug, bekommt man kaum Impulse für eine Abwehr und man geht sofort in den Gegenangriff über. Der Angreifer ist in dieser Situation dann der Angegriffene. Also müssen auch die Angriffe mit einem realen Druck zum Gegner trainiert werden um die Abwehrtechniken gut einsetzen zu können.
In jeder Kampfkunst- oder Kampfsportart kommt es nun mal vor, dass man ab und zu die Zähne zusammenbeißen muss. Keiner ist darauf aus jemanden beim Training zu verletzen aber kleinere Blessuren die im Eifer des Gefechts durchaus entstehen können, wie ab und zu mal blaue Flecken oder Abschürfungen, sollte man so gut wie möglich lernen zu ertragen. Es ist auch ein Teil des Lernprozess mit solchen Schmerzimpulsen umgehen zu können.
Solange man alles was man gelernt hat, in einer ausgewogenen, Level-entsprechenden Art und Weise an einen anderen Wing Tzun Schüler weitergeben kann, ist es möglich ein guter Trainingspartner für jeden der in der Wu-Sao Kampfkunstschule trainiert zu sein.
Die mir von meinem Sifu gegebene Möglichkeit, ein Teil des Teams und vor allem ein Trainer 1 für die Wu-Sao Kampfkunstschule zu werden, erfühlt mich mit Ehre und Stolz. Ich werde versuchen immer ein gutes Vorbild für die anderen Wing Tzun Schüler zu sein, so wie es Sifu Andreas Hagedorn für mich ist.

Anwenden der gelernten Techniken

Sehr viele WT-Schüler, ich schließe mich da nicht aus, haben Schwierigkeiten die Techniken, die Sie für die Prüfungsprogramme erlernen, auch in anderen Situationen wie z. B. im freien Kampf (Lat-Sao) oder (Chi-Sao) einzusetzen und auch diese miteinander zu kombinieren. Das Ziel ist es,  die erlernten Techniken gegen einen Angreifer so  einzusetzen, dass man sich gegen diesen gut behaupten kann.
Der richtige Druck der Arme zum Gegner und die Kontrolle der Beine wird unter Druck oftmals vernachlässigt. Es kommt zum großen Teil durch den Stress bei einem Angriff, den der Angreifer bei dem Angegriffenen verursacht, dass die meisten WinTzun Schüler die erlernten Techniken gar nicht einsetzen und sich fast immer verkrampfen (hart werden). In dieser Situation ist man nicht mehr flexibel genug um bei zu starkem Druck des Angreifers nachzugeben oder diesen Angriff auszuweichen und dem entsprechend zu kontern.
In Stresssituationen reagiert der eigene Körper nicht unbedingt flexibel. Daher ist es sehr wichtig, dass man so oft wie möglich solche Stresssituationen im Training provoziert um das aus diesem Angriffsstress keine Angst entsteht und man immer noch locker genug bleibt um einen Angriff abzuwehren und ein Gegenangriff zu starten. Es reicht nicht aus die Wing Tzun Techniken zu können, sondern diese unter enormen Druck zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen. Das kann man nur durch ein effektives und häufiges dafür ausgelegtes Training erreichen.
Wing Tzun Techniken dienen nicht nur als Abwehr, sondern gleichzeitig auch als Angriff. Dieses zur erkennen und auch anzuwenden ist für einen Anfänger sowohl auch für manchen Fortgeschrittenen zum Teil schwierig. Das Erkennen der Schwachstellen des Gegners (ist der Weg frei, Stoße vor) wird von einem Wing Tzun Schüler am Anfang fast gar nicht wahrgenommen. Die meisten sind so mit Ihren Abwehrmaßnahmen beschäftigt, dass sie gar nicht daran denken einen eigenen Angriff gegen den Gegner zu starten. Mit viel Mühe und gutes zureden versuche ich bei fast jeden freiem Training im Lat-Sao so wie auch im Chi-Sao, mit einem unterlegenden Trainingspartner, die Wege für einen Gegenangriff und in welcher Form der Angriff und aus welcher Position man diesen einleiten kann, zu zeigen. Der Aha! Effekt ist anschließend beim Trainingspartner meistens sehr groß. Da es ja die Schüler wissen wie sie reagieren sollen brauchen sie nur mal einen kleinen Stupser, um die eine oder andere Technik mit Erfolg gegen einen Angriff einzusetzen.
Eine gesunde Portion Angriffsstress ist aber auch positiv für den Angegriffenen. Man ist in solcher Situation hell wach und sehr aufmerksam. Es ist nur der jene im Vorteil, der durch seine Konzentration die erlernten Techniken, die Körperspannung und den richtigen Druck zum Gegner hält, oder gegebenen falls dem Angriffsdruck nachgibt. Die darauf basierende Lücke beim Gegner erkennt (ertastet) und dann durch ein oder mehrere gezielten Schläge den Gegner effektiv trifft.
Um den Angriffsstress in ein ausgewogenes Gefühl zur ändern, ist es am sinnvollsten, im Training die Trainingspartner so oft wie möglich zu wechseln. Der eine ist schneller, der andere ist stärker und ein anderer ist Technisch überlegener. Das sind die richtigen Partner um zu lernen mit dem Angriffsstress umzugehen. Natürlich darf man sich nicht an einem schwächeren Wing Tzun Schüller austoben. Die Angriffe müssen dem Level des Schwächeren angepasst sein.
Es ist für mich und für die meisten Wing Tzun Schüler ein Balanceakt an dem ich zurzeit während des Trainings verstärkt arbeite. Ich versuche meine erlernten Techniken so oft wie möglich miteinander zur kombinieren (1.SG……8.SG). Das ist ein Punkt an dem sehr viele Wing Tzun Schüler ihre Schwierigkeiten haben. Es ist wichtig das „SG. Programmdenken” auszuschalten. Ich stelle oft fest, dass sich Situationen im freien Lat-Sao oder auch im Chi-Sao ergeben, wo man fast nur die zuletzt erlernten Techniken oder nur die man sich am stärksten eingeprägt hat, gegen fast alle Angriffe eingesetzt werden. Obwohl es zum Teil völlig überflüssig und manchmal auch sinnlos ist. Unabhängig vom SG-Programm muss man lernen, alle Techniken, auch die aus den niedrigeren SG-Programmen, gegen den Angreifer zum eigenen Schutz einzusetzen. Es sind meistens Kleinigkeiten die man zwar für die jeweiligen SG-Programme stundenlang erlernt hat, aber diese im Kampf völlig in Vergessenheit geraten. Sobald man auch mal zurückdenkt ist es durch einfache grundsätzliche Techniken oft möglich, ein positives Ergebnis zu erzielen. Manchmal ist weniger doch mehr. Bei Übungen im (freiem) Chi-Sao oder im Lat-Sao versuche ich auf solche Basics aufmerksamer zu achten.
Ein aber zu sicheres Gefühl verleitet sehr schnell zu Überheblichkeit und in dieser Situation entstehen meistens Fehler. Sobald man den Gegner unterschätzt lässt die Konzentration nach und es schleichen sich fehlerhafte Winkel der Arme ein, der Druck stimmt nicht mehr, man wird Unaufmerksam und schon ist es zu spät. Es ist wichtig den Kopf freizuhalten und sich auf das wesentliche beim Kampf zu konzentrieren.
Diese Balance zwischen den alten- und neuerlernten Techniken in Waage zu halten,  ist das Hauptmerkmal meiner Trainer 1 Ausbildung, an der ich zurzeit verstärkt Acht gebe und Arbeite.

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